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PREUSSISCHE DENKSCHRIFT BETR. DIE REVIDIERTE RHEINSCHIFFFAHRTS-AKTE VOM 17 OKTOBER 1868, 3 NOVEMBER 1868

Die Rheinschiffahrts-Ordnung vom 31. März 1831 (Geset-Sammlung für 1831 Seite 71. ff.) hat durch Vereinbarungen, welche später zwischen den Ufer-Regierungen getroffen worden sind, zahlreiche Abänderungen und Ergänzungen erlitten. Abgesehen von den durch zwanzig Supplementar-Artikel, durch die Additional-Konvention vom 3. April 1860 (Gesetz-Sammlung für 1860, S. 445.) und eine Reihe von Beschlüssen der Rheinschiffahrts-Central-Kommission herbeigeführten Modifikationen einzelner Bestimmungen, sind ganze Abschnitte in Folge des Handels- und Schiffahrts-Vertrages zwischen den Zollverein und Niederland vom 31. Dezember 1851 (Geset-Sammlung für 1852, S. 145 ff.), des Schiffahrt-Vertrages zwischen dem Zollverein und Frankreich vom 2. August 1862 (Gesetz-Sammlung für 1865, S. 333. ff.) und der Friedens-Verträge zwischen Preuszen einer-, Baden, Bayern und Hessen anderseits vom. 17. August, 22. August und 3. September 1866 theils wesentlich umgestaltet, theils gegenstandlos geworden. Muszte hiernach schon im Interesse der leichtern Uebersicht eine Kodifikation des jetzt bestehenden internationalen Rechts als wünschenswerth erscheinen, so durfte es doch hierbei nicht bewenden; die durch die erwähnten Friedensver-träge herbeigeführte Einstellung der Erhebung der Rheinschiffahrts-Abgaben, wie der veränderte Zustand der Rheinschiffahrt im Allgemeinen machte vilemehr neue Verabredungen zwischen den Ufer-Regierungen, mithin eine Revision dieses internationalen Rechts, zu einem unabweislichen Bedürfnisz.
Die beiliegende Revidierte Rheinschiffahrts-Akte best Schluszprotokoll ist das Ergebnis der zwischen der Ufer-Regierungen gepflogenen Verhandlungen.
Bei dem Abschlusz dieses Vertrages ist von dem Gesichtspunkte ausgegangen, dasz diejenigen Festsetzungen der Akte vom 31. März 1831 und der Supplementar-Artikel zu derselben, welche privatrechtliche Bestimmungen oder polizeiliche Vorschriften enthalten, in der Akte selbst nicht zu reproduziren seien; die ersteren sind entweder überflüssig oder unzulässig überflüssig, soweit sie mit den in den Uferstaaten bestehenden Privatrechten übereinstimmen, unzulässig, soweit sie den letzteren widersprechen; die letzteren finden, insofern sie überhaupt noch aufrecht zu erhalten sind, zweckmäsziger ihre Stelle in der Schiffahrts-Polizei-Ordnung. Es sind deshalb ganz weggelassen: die Artikel 48., 53., Alinea 3. und 4. und 56; während in die Polizei-Verordnungen verwiesen sind: die Artikel 65., 66. und 68. und die Supplementar-Artikel XII. Und XIII. (Ges.-Samml. Für 1841. S. 83. ff.). Zu einer Beibehaltung der Verbotsbestimmungen des Artikel 61. in Betreff des Fahrens der Schiffer mit Anhängen und des Artikels 62. wegen der Führung von Oberlast lag kein Anlasz vor. Auf dem Oberrhein ist das Verbot des Artikel 61. bereits durch den Supplementar-Artikel I. auszer Kraft gesetzt; auf anderen Strömen ist das Fahren mit Anhang überhaupt niemals untersagt gewesen; gleichwohl sind Nachtheile für die Schiffahrt daraus nicht entstanden. Ebenso verhält es sich mit dem ohnehin vilefach durchlöchterten Verbote der Führung von Oberlast (cfr. Supplementar-Artikel II. (Gesetz-Sammlung für 1836 S. 121. ff.), VI. (Gesetz-Sammlung für 1839 S. 68. ff.), XI. (Gesetz-Sammlung für 1841 S. 83. ff.), XV. (Gesetz-Sammlung für 1842 S. 29 ff.). Ein polizieliches Interesse, den Schiffer an der Unterbringung eines Theils seiner Ladung auf dem Verdecke zu hindern, liegt nicht vor; die Wahrung der in Betracht kommenden Privat-Interessen kann aber füglich den Absendern und den Versicherungs-Gesellschaften überlassen werden. Ganz ausgefallen sind ferner der zweite und der siebente Titel in Folge der Aufhebung der Rheinschiffahrts-Abgaben, und der fünfte Titel, welche Rangfahrten auf dem Rheine nicht mehr vorkommen, und wenn sie wieder eingeführt werden sollten, es jedenfalls der Mitwirkung der Regeirungen bei der Regelung der Verhältnisse jetzt nicht mehr bedarf.
Im Einzelnen findet sich zu bemerken:
            1. Der Artikel 1. entspricht im Wesentlichen den Artikeln 1. und 2. der Konvention vom 31. März 1831.
Die im Artikel 1. der letzteren enthaltenen Worte “in Bezug auf den Handel” sind im Préambule des Vertrages aufgenommen, wo sie eine passendere Stelle finden. – Da der Inhalt der Supplementar-Artikels XVIII. (Gesetz-Sammlung für 1846. S. 227.) in die Akte nicht übergegangen ist, so wird die Freiheit der Rheinschiffahrt in Zukunft auch allen Dampfschif-fahrtsunternemungen, mögen diese auf regelmäszige oder unbestimmte Fahrten gerichtet sein, zu Statten kommen, so dasz es also einer Konzession für soplche Unternehmungen in Zukunft nicht mehr bedarf. Dem Zusatze: Abgesehen von diesen Vorschriften u.s.sw. hat die Schlusz-bestimmung des Artikels 15. des Pariser Friedens-Vertrages vom 30. März 1856 (Ges.-Samml. Für 1856 S. 557. ff.) als Vorbild gedient.
Die im Schluszprotokoll unter Nr. 1 enthaltene Erläuterung zum Art. 1 der Akte ist auf den ausdrücklichen Wunsch der Kaiserlich Französischen Regierung aufgenommen worden. Sie soll klar stellen, dasz die besonderen Begünstigungen, welche sich die Uferstaaten in Bezug auf die Behandlung der zur Rheinschiffahrt gehörigen Schiffe zugesagt haben (Art. 4 der Akte) auf die Schiffe anderer Nationen, sofern diese nicht kraft bestehender Verträge den nationalen Schiffe gleichgestellt sind, keine Anwendung finden.
            2. Der Artikel 2. tritt an die Stelle der Artikel 3. und fl. der Akte vom 31. März 1831. Er sichert den Schiffen und Flöszen der overen Rheinuferstaaten die Durchfahrt durch das Niederländische Gebiet von und nach dem offenen Meere, sowie von und nach Belgien. Das erste Alinea entspricht dem Art. 19 des Handels-und Schiffahrts-Vertrages zwischen dem Zollverein und Niederland vom 31. Dezember 1851, das zweite dem vierten Absatze des Artikels 3. der Akte von 1831. Als zur Rheinschiffahrt gehörig werden gegenwärtig diejenigen Schiffe betrachtet, welche mit einem Manifeste und einem Schifferpatente versehen sind (Art. 3. Alinea 6. der Akte von 1831). Die durch den Vertrag herbeigefürhte  Aenderung des charakterischen Merkmals wird unter Nr. 10 näher begründet werden.
            3. Durch den Artikel 3 wird die bisher nur zwischen den Deutschen Regierungen vereinbarte, in Niederland auf Grund eines einseitigen Aktes der Gesetzgebung bestehende Freiheit der Rheinschiffahrt von Abgaben, weche sich lediglich auf die Tatsache der Beschiffung des Rheins, seiner Nebenflüsse und Ausmündungen gründen, zum internationalen Vertragsrechte zwischen den Uferstaaten erhoben. Die Unzulässigkeit der Erhebung von Boien- und Baakengeldern ist durch Besclusz der Central-Kommission festgestellt.
Zum Schluszprotokoll unter Nr. 2 B. wird bemerkt, dasz die Ruhrschiffahrts-Abgabe durch den Allerhöchsten Erlasz vom 14. Dezember 1867 (Geset-Sammlung für 1867, Seite 1920.) vom 1. Januar d. J. ab aufgehoben worden ist.
            4. Art. 4. proklamiert den allgemeinen Grundsatz volkommen paritätischer Behandlung der zur Rheinschiffahrt gehörigen Schiffe und ihrer Ladungen in den sämmtlichen Uferstaaten. Er findet seien Begründung im Art. 15. des Zollvereinigungsvertrages vom 16. Mai 1865 bezüglich des Verhältnisses der Deutschen Rheinuferstaaten zu einander, im Art. 9. des Schiffahrtvertrages vom 2. August 1862 und in den Art. 1. bis 10. des Handels- und Schiffahrtsvertrages vom 31. Dezember 1851, bezüglich des Verhältnisses dieser Staaten zu Frankreich und den Niederlanden, und im Art. 27. des Handels- und Schiffahrtsvertrages vom 7. Juli 1865, bezüglich des Verhältnissen zwischen Frankreich und den Niederlanden.
Die Festsetzung im Art. 12. der Akte vom 31. März 1831, wonach in Bezug auf die Entrich-tung der Tonnengelder, der Lootsen-, Leuchtthurm- und anderer ähnlicher Gebühren in den Niederländen die zum Theinhandel gehörigen Schiffe der Rheinuferstaaten den Niederlän-dischen Schifen gleichgestellt sind, fällt unter die generelle Verabredung dieses Artikels und war deshalb nicht besonders zu reproduziren.
            5. Art. 5 Entspricht dem ersten Satze des Art. 43. der Akte von 1831. Der übrige Inhalt des Art. 43., sowie der Art. 44. haben gegenwärtig ihre praktische Bedeutung verloren.
            6. Art. 6 giebt den im 3. Alinea des Art. 37. der Akte von 1831 festgestellten Grundsatz wieder; Art. 7 entspricht dem 1. Alinea des Art. 37. der letzterne. Dei Beschränkung der freien Durchfuhr aus sanitätspolizeilichen Rücksichten hat den Zweck, Gefahren vorzubeugen, welche bei Epizootien durch den Transport von Vieh auf dem Rheine entstehen können.
            7. Art. 8 korrespondiert mit dem Art. 10 der Akte von 1831. Die Bezeichnung der bestehenden Freihäfen ist unter Nr. 2 des Schluszprotokolls erfolgt. Die Befreiung der in die öffentlichen Nieeerlagen gebrachten Waaren von Durhcfuhrzöllen ist im Alinea 2. des Art. 7 festgestellt.
            8. Die Art. 9. bis 13. enthalten die Vorschriften über die Anwendung der Zollgesetze der Uferstaaten auf die Rheinschiffahrt. Sie entsprechen den Art. 27. und 36. bis 41. der Akte von 1831.
Wenn auch die Manifeste zunächst den Zweck hatten, die Entrichtung der Rheinschiffahrts-Abgaben sicher zu stellen, so sind doch von der Führung derselben auch die Begünstigungen abhängig gemacht, welche im dritten Titel der Akte von 1831 den Schifferne in Bezug auf die Zollabfertigung in den einzelnen Uferstaaten gewährt werden. Sollen diese Begünstigungen fortdauern, - und dasz sie fortdauern, liegt unzweifelhaft im Interesse der Schiffahrt – so sind auch die Manifeste nicht zu entbehren, es sei denn, dasz man den Schiffern die jedenfalls für die lästigere Verpflichtung der speziellen Deklaration auferelgen wollte.
Für den Binnenverkehr innerhalb eines und desselben Zollgebietes waren dagegen die Manifeste nicht ferner beizubehalten; es hätten dazu nur Rücksichten auf die statische Erhebung aufordern könne, diese muszten indesz im Hinblick auf die aus Verminderung des Schreibwerks den Schiffern entstehende Erleichterung auszer Betracht bleiben. Die Veränderungen, welche das Formular zu dem Manifeste erfahren hat, erklären sich dadurch, dasz seine Bestimmung als Dokument für die Erhebung der Rheinschiffahrts-Abgaben in Wegfall gekommen ist.
Art. 9 reproduzirt, abgesehen von der etwas modifizirten Fassung, den Art. 39. der Akte von 1831 und enthält nur eine Ergänzung für den Fall, dasz der Schiffer ohne dringende Gefahr die Dazwischenkunft der Zollbeambten nicht abwarten kann.
Art. 10. ersetzt die Art. 36. und 40. der Akte von 1831; an die Stelle der Rheinzollämter muszten die Zollämter der Ufer-Staaten treten.
Art. 11 stimmt im Wesentlichen mit Art. 38., Art. 12. mit Art. 41. der Akte von 1831 überein.
            9. Das Alinea 4. des Art. 37. der Akte von 1831 enthält die Bestimmung, dzasz die Güter, welche auf dem Rheine eigeführt oder ausgefürht werden, mit einer gröszeren Ein- oder Ausfuhr-Abgabe nicht belegt werden dürfen, als Güter derselben Gattung, die man zu Lande ein- oder ausführt. Dieser Grundsatz hat durch die Verabredung im Art. 14. der revidierten Akte eine nicht unwichtige Ausdehnung erfahren.
            10. Die Art. 15. bis 21., welche von den Schifferpatenten handeln, enthalten folgende, von den früheren Vereinbarungen abweichende Festsetzungen.
a) der im Art. 42 der Akte von 1831 vorgeschriebene Nachweis der Befähgung zur Führung eines Schiffes durch Ablegung einer Prüfung ist in Wegfall gebracht.
Es soll künftig einem Jeden ein Schiffer-Patent ertheilt werden, der eine längere Zeit hindurch (vergl. Das Schluszprotokoll under Nr. 4 A.) die Schiffahrt auf dem Rheine praktisch ausgeübt hat, und den allgemeinen Bedingungen für den selbständigen Betrieb eines Gewerbes entspricht. Abgesehen davon, dasz die Prüfung erfharungsmäszig keinen sicheren Anhalt für die Geschichlichkeit in der Führung eines Schiffes darbietet, und die Schiffer auf anderen groszen Strömen, ohne dasz besondere Nachteile bemerkbar geworden wären, einer solchen Prüfung nicht unterworfen werden, hat sich der Charakter der Schiffahrt auf dem Rheine seit dem Jahre 1831 sehr wesentlich verändert. Die Segelschiffahrt ist namentlich auf dem Deutschen Rheine fast ganz von der Dampfschiffahrt verdrängt worden; die wenigen Segelschiffe, welche den Betrieb noch fortsetzen, lassen sich bei der Bergfahrt meist von Dampfschiffen schleppen. Was nun zunächst die Dampfschiffsführer anlangt, so leigt es im eigen Interesse der Unternehmer, ihre Fahrzeuge nur Solchen Personen anzuvertrauen, von deren Tüchtigkeit sie sich überzeugt haben; die grosze Konkurrenz dieser Unternehmer auf dem Rheine und die erheblichen Vermögensnachteile, welche ihnen durch Ungeschick und Nachlässigkeit der Kapitäne zugefügt werden können, leisten dafür Bürgschaft, dasz bei der Auswahl der letzteren mit Vorsicht werde zu Werke gegangen werden. Die Führer von Segelschiffen haben aber gegenwärtig nicht mehr ein gleiches Masz der Fertigkeit in der Leitung des Schiffes nöthig, wie in früheren Zeiten, denn den bei Weitem schwierigeren Theil der Schiffahrt, die Fahrt zu Berg, legen sie meist am Schelpptau eines Remorqueurs zurück. In den Niederlanden hat überhaupt niemals eine Prüfung der Schiffer stattgefunden; gleichwohl stehen die dortigen Schiffsführer in keiner Beziehung hinter den Oberrheinischen zurück. – Nur die Führung des Nachweises, dasz der Bewerber der Rhein längere Zeit hindurch auf einem Segel- resp. Dampfschiffe wirklich befaren habe, ist beibehalten. Es war dafür die Erwägung bestimmend, dasz das Fahrwasser dieses Stromes erhebliche Schwierigkeiten, und dasz die Kenntnisz derselben nur durch die Praxis erworben werden kann.
b) Art. 43. der Akte von 1831 kennt nur Patente für die Befahrung des Rheins in seiner ganzen Ausdehnung, während nach Art. 15. des Entwurfs in Zukunft auch Patente für eine, mehreren Uferstaaten zugehörige Strecke sollen ertheilt werden können.
c) Patente für Segelschiffer dürfen nach der Festsetzung im dritten Alinea des Art. 42. der Akte von 1831 nur anerkannten Unterthanen der Rheinuferstaaten ertheilt werden, d.h. es ist einem Preuszen versagt, in Baden, einem Badener in Preuszen ein solches Patent zu erlangen. Dagegen kan nach Supplementar-Artikel XIX. (Gesetz-Sammlung für 1849, S. 375.) jeder Unterthan eines Rheinuferstaates mit Einwilligung seiner Landes-Obrigkeit auch in denjenigen Uferstaaten, welchen er nicht angehört, mit einem Patente zur Führung von Dampfschiffen versehen werden.
Nach Art. 15 des Vertrages soll die Regierung desjenigen Uferstaates künftighin das Patent aufstellen, in welchem der Bewerber seinen thatsächlichen oder juristischen wohnsitz hat. Auch soll durch die Verlgung des Wohnsitzes in einen andern Uferstaat das Patent seine Gültigkeit nicht verlieren. Der Inhaber soll indesz seinen neuen Wohnistz von der betreffenden Behörde des letztern auf dem Patente vermerken lassen. Da das Schifferpatent künftighin nicht mehr, wie bisher, als Urkunde für die Nationalität des Schiffes dienen soll, so liegt kein Grund mehr vor, die Befugnisz zur Ausstellung nur demjenigen Staate voorzubehalten, dem der Bewerber als Unterthan angehört. Die jetzige Bestimmung bietet den Vortheil dar, dasz auch andern Personen, als den Unterthanen der Uferstaaten Patente voerliehen werden können, sofern sie nur im Gebiete eines der vertragenden Staaten ihren Wohnsitz nehmen.
d) Im Art. 42 der Akte ist vorgeschrieben, dasz das “betreffende” Schiff im Patente genau bezeichnet werden soll. Diese Vorschrift hat später durch den Supplementar-Artikel XIX, zu Günsten der sogenannten Setzschiffer einige Modifikationen erlitten. Die Inhaber eines Rheinschiffahrts-Patentes dürften nähmlich auf einer Reise, und zwar auf dem Hin- und Rückwege ein anderes als das im Patente bezeichnete Segelschiff ohne R¨cuksicht, welchem Uferstaate dasselbe gehört, dann führen, wenn das zu führende Schiff von der Polizei-Behörde des Einlade- oder Abfahrts-Ortes auf dem Patente selbst, oder beim Mangel des Raumes auf einer Anlage desselben genau bezeichnet wird. Fûr mehrere Reisen und ¨¨uberhaupth für längere Zeit darf ferner die Führung eines in dem Patente nicht bezeichneten, irgend einem Rheinuferstaate angehörenden Segelschiffes von dem Patent-Inhaber übernommen werden, wenn das zu führende Schiff zuvor von seiner Landesobrigkeit inder vorangegebenen Weise auf dem Patente oder dessen Anlage bezeichnet worden ist.
Nach dem vorliegenden Vertrage soll von der Bezeichnung des Schiffes in dem Patente überhaupt Abstand genommen und den Inhabern von Schiffer-Patenten die Führung eines jeden Schiffes, gleichviel welchem Uferstaate dasselbe angehört, gestattet werden.
Die erwähnte Vorschrift der Akte von 1831 steht im Widerspruch mit den für andere konventionelle Ströme geltende Bestimmungen, und hat eine Menge unnützer Weiterungen für den Schifferstand im Gefolge. So lange noch Schiffahrts-Abgaben auf dem Rheine erhoben wurden, und hierbei nicht eine gleichmäszige Behandlung der Flaggen sämmtlicher Ufer-Staaten stattfand, muszte an derselben festgehalten werden. Gegenwärtig ist kein Grund vorhanden, der es rechtfertigen könnte, einen Schiffer in Bezug auf die Ausübung seines Gewerbes auf ein bestimmtes Fahrzeug zu beschränken. Man hat wohl für die Vorschrift des Art. 42., abgesehen von den Rücksichten auf die Rheinzoll-Erhebung, geltend gemacht, dasz das Interesse des Schiffers für Schiff und Ladung erhöht werde, wenne er an ein bestimmtes Fahrzeug gebunden sei. Diese Erwägung konnte indesz – wenn man ihr überhauot eine Bedeutung beizumessen hätte – nicht mehr entscheidend sein, nachdem der Supplementar-Artikel XIX. bereits so zahlreiche Ausnahmen von dem Prinzipe der Akte nachgelassen hatte.
Die im Schlussprotokoll unter 4. B zu diesem Artikel enthaltenen Bestimmungen über die Dienstbücher der Schiffer etc. gründen sich auf Vereinbarungen, welche in den Jahren 1844 bis 1846 zwischen Ufer-Regierungen mit Ausschlusz Niederlands getroffen worden sind, und waren, da sie sich als zweckmäszig bewährt haben, aufrecht zu halten.
Die Art. 17. bis 19. beruhen auf früheren Beschlüssen der Central-Kommission, beziehungs-weise der Festsetzung im 2. Alinea des Art. 45. der Akte von 1831 haben jede praktische Bedeutung verloren und sind deshalb weggelassen worden.
Die Festsetzungen im Art. 44. und im Alinea I. des Art. 45. der Akte von 1831 haben jede praktische Bedeutung verloren und sin deshalb weggelassen worden.
Das erste Alinea des Art. 20. stimmt in Wesentlichen mit dem Artikel 47. der Akte von 1831 überein. Im Alinea 2. dieses Artikels sind die Fälle präzisirt, in denen die Entziehung eines Schiffer-Patentes erfolgen musz.
            11. Der Art. 22 enthält die Vorschriften über die Untersuchungen der Schiffe in Bezug auf ihre Tauglichkeit zur Rheinschiffahrt (Art. 53., 54. der Akte von 1831) und über die Schiffs-Atteste. Die fraglichen Untersuchungen müssen in Interesse der Sicherheit des Waaren- und Personentransports auf dem Rheine beibehalten werden. Es erschient indesz nicht nöthig, sie, wie die Akte von 1831 vorschreibt, alljährlich vornehmen zu lassen, vielmehr genügt es, dasz sie nach jeder wesentlichen Veränderung oder Reparatur, und wenn der Befrachter ode reine der Ufer-Regierungen es ausdrücklich verlangt, wiederholt werden. Was als eine wesentliche Veränderung oder Reparatur angesehen werden soll, ist unter Nr. 5 B. der Schluszprotokolls näher bestimmt worden. Die Schiffe werden jetzt bei Weitem besser und meist auch aus dauerhafterem Material gebaut, als zur Zeit der Emanation der Akte und gewähren deshalb die Garantie für eine längere Haltbarkeit. Die jährlichen Untersuchungen sind mehr oder weniger zu einer Formzalität geworden, die den Schiffern unnütze Kosten verursacht. Die Bezeichnung der höchsten zulässigen Einsenkungstiefe éuf dem Schiffs-Atteste, wie an dem Schiffe selber (Alinea 3. des Art. 22.) ist aus schiffahrtspolizeilichen Gründen nicht zu entbehren (Supplementar-Artikel XIII. Ges.-Samml. Für 1841 S. 84.). Sie wurde bisher am Aichen der Schiffe durch die Aich-Aemter festgestellt (cfr. Regulativ für die gleichförmige Aichung der Schiffe auf dem Rheine Anlage 3. zum Protokoll XIII. Der Session der Central-Kommission von 1837, Gesetz-Samml. Für 1841 S. 81.). Eine Veranlassung, Verabredungen über die Schiffs-Aiche zu treffen, liegt nach dem Wegfall der Rekognitionsgebühr, deren gleichmäszige Erhebung sie zu sichern bestimmt war, (Art. 17. der Akte von 1831), nicht mehr vor, und wenn auch aus anderen Gründen den Schiffern die Gelegenheit, ihre Schiffe nach wie vor aichen zu lassen nicht zu entziehen sein wird (vergl. die Festsetzung unter 5 C. des Schluszprotokolls), su musz doch die Entscheidung hierüber lediglich der Ermessen jeder Ufer-Regierung überlassen bleiben. Es konnte deshalb auf die Aich-Aemter hinsichtlich der Feststellung der höchsten Einsenkungstiefe nicht weiter zurückgegangen werden, vielmehr war dies Geschäft den Schiffs-Untersuchungskommissionen zu übertragen, die hierzu volkommen befähigt sind, und Denen übrigens gewesenen Art der Bezeichnung der höchsten Einsenkungstiefe an dem Schiffskörper enthält das Schluszprotokoll unter 5 A. eine ent-sprechende Verabredung.
            12. Die Führer der im Art. 23. erwähnten kleinen Fahrzeuge sind längst von der Verpflichtung, sich mit einem Patente zu versehen, entbunden; auch unterliegen die Fahrzeuge, selbst keiner Untersuchung in Bezug auf ihre Tauglichkeit. Da Nachtheile hieraus nich entsprungen, derartige Schiffe auch nur den kleinen Verkehr zu vermitteln bestimmt sind, so hat die vertragsmäszige Feststellung jener Erleichterung keinen Anstand finden können.
            13. Der Art. 24. handelt von der Fâhrgerechtigkeit und entspricht dem ersten Satze des Art. 46 der Akte von 1831. Der übrige Inhalt dieses Artikels ist als selbstverständlich weggelassen worden.
            14. Bisher haben die Angaben im Manifeste der Flöszführer über den kubischen Inhalt der Stämme (Artikel 29. der Akte von 1831) die Grundlage für die in der Flosz-Ordnung für den Rhein vorgeschriebene Ausrüstung und Bemannung der Flösze und für die Untersuchungen in Bezug auf die Vollständigkeit der letzteren gebildet. Diese Angaben konnten als zuverlässig angesehen werden, da sie an der ersten Rheinzollstelle, welche das Flosz passirte, amtlich verifizirt werden muszten (Artikel 28. der Akte von 1831). Ein glaubwürdiges Dokument, das als Anhalt für die Prüfung, ob den Bestimmungen der Flosz-Ordnung genügt sei, dienen kann, musz der Floszführer auch ferner mit sich führen. Die amtliche Beglaubigung der bezüglichen Angaben ist aber in Zukunft schon an dem Abfahrtsorte herbeizuführen, da die Rheinzoll-Aemter augheoben sind. Welche Behörden mit diesen Beglaubigungen zu beauftragen sein werden, kann den Landes-Regierungen überlassen bleiben. Das soclhergestalt verifizirte Dokument, der Floszschein, soll dann zugleich als Manifest für die Zollabfertigung dienen. Auf diesen Erwägungen beruhen die Festsetzungen im Artikel 25. und der Inhalt der dazu gehörigen Anlage B.
            15. Der erste Satz des Artikel 26. enthält die Bestimmung des Artikels 60. der Akte von 1831, nur ist neben den Lootsen und Steuerleuten noch der Wahrschauer Erwähnung geschehen. Der zweite Satz gründet sich auf den im Jahre 1865 von der Central-Kommission gefaszten Beschlusz wegen Aufhebung des Lootsenzwanges auf dem Rheine.
            16. Art. 27. entspricht den Art. 55., 69. und 70. der Akte von 1831; es ist jedoch das im Art. 69. vorgeschriebene Maximum für die Bohlwerks-, Krahn-, Waage- und Magazin-Gebühren weggelassen worden, weil die Festsetzung, dasz ein Entgeld nur zur Bestreitung der nothwendigen Unterhaltings- und Beaufsichtigungs-Kosten erhoben werden soll, und dasz dieses Entgeld verhältniszmäszig herabzusetzen sei, wenn der Ertrag jene Kosten übersteigt, die Schiffahrt gegen Ueberhebungen ind gegen die Verwendung der von ihr aufgebrachten Summen zu andern, ihren Interessen fremden Zwecken hinreichend sicher stellt (vergl. Übrigens Art. 25. des Vertrages über die Fortdauer des Zoll- und Handelsvereines vom 8. Juli 1867).
            17. Die Bestimmungen im Alinea I, des Art. 28., betreffend die Unterhaltung des Fahrwassers und der Leinpfade, sind dem Art. 67. der Akte von 1831 und dem Art. 23. des Handels- und Schiffahrtsvertrages zwischen dem Zollverein und Niederland vom 31. Dezember 1831 entnommen. Die Verpflichtung, das Fahrwasser auf Stromstrecken, welche noch nicht hinreichend in Stand gesetzt sind, durch Baken zu bezeichnen, ist von der Ufer-Regierungen bereits im Jahre 1865 bei Gelegenheit der Aufhebung des Lootsenzwanges übernommen worden. Die Verabredung, dasz in dem Falle, wo solche Stromstrecken sich in dem Gebiete zweier gegenüberliegenden Uferstaaten befinden, jeder von ihnen die Hälfte der Anlage- und Unterhaltungs-Kosten zu tragen habe, bedarf keiner näheren Begründung.
            18. Die Festsetzung im Art. 29. ist neu; sie empfiehlt sich im Interesse einer möglichst übereinstimmenden Ausführung der Stromkorrektionen in den einzelne Uferstaaten.
            19. Im Art. 30. haben die Uferstaaten einander die im Art. 67. der Akte von 1831 enthaltene Zusdage, die Schiffahrt durch künstliche Anlagen nicht behindern zu wollen, erneuert. Zugleich ist die Bestimmung hinzugefügt worden, dasz Konzessionen zu neuen Schiffsmühlen überhaupt nicht mehr ertheilt werden sollen. Sodann ist in Uebereinstimmung mit einem von der Central-Kommission im Jahre 1861 gefaszten Besclüsse die Unzulässigkeit der Erhebung von Brücken-Durchlaszgebühren ausgesprochen. Die in diesem Artikel getroffenen Verabredungen sind indesz auf den Rhein beschränkt, finden also unterhalb Gorinchem und Krimpen keine Anwendung. Die Königlich Niederländische Regierung hat es abgelehnt, eine gleiche Verpflichtung auch bezüglich der Wasserstrassen, welche die Verbindung des Rheines mit dem offenen Meere vermittelt, zu übernehmen, nicht etwa, weil es in ihrer Absicht liege, der Schiffahrt, an deren Prosperität sie selbst das gröszte Interesse habe, dort Hindernisse zu bereiten, sondern weil, sie eine Beschränkung ihrer freien Verfügung über diese bereits der Elbe und Fluth unterliegenden Gewässer nich für zulässig erachtete. Durch die Stipulation im Alineza 2. des Art. 2 ist zwar Fürsorge getroffen dasz der Schiffahrt der übrigen Uferstaaten der Weg nach und von dem Meere durch Kunstanlagen nicht völlig verlegt werde; es schien diese Bestemmung indesz nicht ausreichend, weil dadurch Anlagen, welche die Fahrt erschweren, nicht ausgeschlossen werden. Man glaubte deshalb von Niederland, auch in dieser Beziehungh eine vertragsmäszige Sicherstellung in Anspruch nehmen zu sollen. Die Verhandlungen geriethen in Folge dieser Differenz einige Ziet ins Stocken. Es ist indesz schlieszlich gelungen, sie durch ein für beide Theile annehmbares Kompromisz zum Austrag zu bringen. Von den Anlagen, welche der Art. 30. im Auge hat, können hier überhaupt nur die Brücken in Betracht kommen. Die Errichtung von Schiffmühlen, Triebwerken u.dergl. ist auf jenen Gewässern mit Rücksicht auf ihre natürliche Beschaffenheit unmöglich. Die Brücken können aber nicht mit festen Oberbau versehen werden, weil sie von Seeschiffen passirt werden müssen, auf Denen sich Vorrichtungen zum Senken und Heben der Masten und Kamine nicht anbringen lassen. Soll der bestehende Wasserweg für Seeschiffe offen bleiben, so müssen die Brücken daher bewegliche Durchlässe erhalten. Dasz die Fahrt durch solche Brücken an und für sich schon mit Belästigungen verknüpft ist, unterliegt keinen Zweifel. Man würde indesz augenscheinlich zu weit gehen, wenn man von der Niederländischen Regierung verlangen wollte, dasz sie sich des Baues solcher Brücken überhaupt enthalten sollte; es hiesze dies nicht anderes, als ihr die Verbindung ihrer wichtigste Handelsplätze durch Eisenbahnen unmöglich machen. Dagegen darf allerdings verlangt werden, dasz sie diese Brücken und namentlich den Durchlaszöffnungen eine solche Einrichtung gebe, welche die Passage durch dieselben möglichst wenig behindert. Die Niederländische Regierung hat sich bereit finden lassen, im Schluszprotokoll unter Nr. 7. eine entsprechende Erklärung abzugeben, bei welcher man sich im Hinblick auf den Art. I der Akte beruhigen zu können glaubte. 
            20. Gemeinschaftliche Strombefahrungen durch Wasserbau-Techniker sämmtlicher Uferstaaten haben schon bisher stattgefunden. Sie sind insofern von Nutzen, als dadurch ein Bild von den Fortschritten der Stromkorrektion in den einzelnen Uferstaaten gewonnen und den Sachverständigen Gelegenheit geboten wird, ihre Ansicht über die zweckmäszigsten Mittel zur Abhülfe der im Fahrwasser noch bestehenden Mangen auszutauschen.
Die in Art. 31. getroffene Verabredung, dasz solche Strombefahrungen auch in Zukunft statt-finden sollen, entspricht den für die Elbe und für die Weser bestehenden ähnlichen Festsetzungen.
            21. Zu Art. 32. Bei den frühern Verhandlungen der Central-Kommission uber den Erlass einer gemeinschaftlichen Schiffahrts-Polizei-Ordnung ist von der Mehrzal der Ufer-Regierungen wiederholt der Wunsch ausgesprochen worden, dasz man sich über eine gleichmäszig in allen Uferstaaten zur Anwendung zu bringende Strafbestimmung verständigen moge. Obwohl die Zweckmäszigkeit der Festsetzung eines gleichen Strafmaszes für alle Uferstaaten, wie sie die Akte von 1831 im Art. 64. für die in den Art. 61. und 62. erwähnten polizeilichen Vergehen enthält, nicht in Abrede gestellt werden konnte, so haben doch einige Regierungen mit Rücksicht darauf, dasz eine solche Verständigung nich ohne Abänderung der in ihrem Gebiete geltenden Strafgesetzgebung möglich war und es nicht für angemessen erachtet wurde, die Thätigkeit der gesetgebenden Gewalten des Gegenstandes wegen in Anspruch zu nehmen, ihre Zustimmung versagen zu müssen geglaubt. Gegewärtig konnte indesz dies Bedenken nicht mehr entscheidend sein, denn mit Ausschlusz der Kaiserlich Französischen Regierungen sind sämmtliche Ufer-Regierungen nach den bestehenden Verfassungen genötight, die neue Rheinschiffahrts-Akte ihren Landesvertretungen zur Genehmigung vorzulegen, so dasz es also eines besonderen Aktes der Gesetzgebung in Bezug auf die hier in Rede stehende Materie nur in Frankreich bedarf. Als Maximum der gemiensamen Strafbestimmung glaubte man dasjenige der Akte von 1831, nämlich 300 Franken festhalten zu müssen; das Minimum ist dagegen von 100 Franken oder auf 10 Franken herabgesetzt worden, da eine Strafe vom 100 Franken oder auch nur von 20 Franken, wie sie der Supplementar-Artikel XIII (Gest-Sammlung für 1841 Seite 84) zuläszt, für viele Kontraventionen gegen die Schiffahrts-Polizei-Ordnung offenbar zu hart sein würde. Es ist hierbei noch in Frage gekommen, ob nicht auch gleiche Grundsätze über die Umwandlung der Geldbuszen, welche wegen Unvermögen nicht bezahlt werden können, in Gefängniszstrafen zu vereinbaren seien. Indesz ist davon nach dem Vorgange der Akte von 1831 Abstand genommen worden, da die Prinzipien der in den verschiedenen Uferstaaten bestehenden Strafgesetzgebungen in dieser Beziehung so erheblich von einander abweichen, dasz sich eine Festsetzung, die nicht in die eine oder die andere dieser Gesetzgebungen tief einschnitte, nicht treffen liesz (vergl. beispielsweise Art. 467. des code pénal und § 17. des Strafgesetzbuches vom 14. April 1851). 
            22. Dasz mann die internationale Gerichtsbarkeit, wie sie durch den achten Titel der Akte von 1831, der von den Gerichten in streitigen Rheinschiffahrts-Angelegenheiten handelt, begründet worden, beizubehalten habe, konnte keinem Zweifel unterliegen; schon den Art. 85. allein gewährt den Betheiligten ein so werthvolles Recht, dasz ein Verzicht auf jene Einrichtung sich nicht würde rechtfertigen lassen. Die Gemeinsamkeit der Interessen aller Uferstaaten, wie sich im Laufe der Zeit mehr und mehr entwicklet hat, bedingte vielmehr eher eine Audehnung als eine Beschränkung der bezüglichen Vereinbarungen. Die Art. 81. u. ff. Der Akte haben indesz (Art. 33. bis 40.) in mehrfacher Hinsich Abänderungen erleiden müssen. Es waren:
a) alle diejenigen Bestimmungen in Wegfall zu bringen, welche sich auf die Rheinschiffahrts-Abgaben und deren Erhebung beziehen, weshalb denn auch die Bezeichnung “Rheinzoll-Gerichte” in “Rheinschiffahrts-Gerichte” umgewandelt is;
b) erschien es angemessen, einerseits die Kompetenz für Straf- und Civilsachen schärfer, als es im Art. 81. der Akte von 1831 geschehen, zu sondern und zu präzisiren, andererseits sie namentlich für Strafsachen zu erweitern (Art. 34.) Während nämlich bisher mit Rücksicht auf die Fassung der Bestimmung im Art. 81. unter a. (“Kontraventionen gegen die Bestimmun dieser Schiffahrts-Ordnung”) aber unzweifelhaft nicht im Geiste der Akte, die Zuwider-handlungen gegen andere als die in der letzteren enthaltenen schiffahrts- und strompolizeilichen Anordnungen der Uferstaaten, als Polizei-Kontraventionen von den Polizei-Gerichten entschieden wurden, sollen sie in Zukunft ebenfals unter die Jurisdiktion der Rheinschiifahrts-Gerichte fallen. Es sind ferner die Worte im Art. 81. unter d. der Akte: “aus Fahrlässigkeit” im Art. 34. II. E. weggeblieben, da kein Grund abzusehen ist, weshalb die Rheinschiffahrts-Gerichte nicht auch über Civil-Ansprüche, wegen Beschädigungen, die Schiffer oder Flöszer absichtlich Andern zugefügt haben, befinden sollen.
d) Die Volstreckbarkeit der in einem Uferstaaten in Rheinschiffahrts-Sachen erlassenen Urtheile in den anderen Uferstaaten (Art. 85. der Akte von 1831) liegt im Wesen der ganzen Einrichtung. Man durfte indesz in der Gewährng der gegenseitigen Rechtshükfe hierbei nicht stehen bleiben. Es entspricht dem Gedanken einer internationalen Gerichtsbarkeit, dasz die Ufer-Regierungen einenader auch zur Herbeiführung eines Urtheils die nöthige Hülfe bei der Vorladung der Parteien, der Zeugen, bei der Insinuation der Urtheile leiften, und dasz folglich alle in den einzelnen Staaten bestehenden Surrogate für diese Zustellungen wegfallen. Dabie versteht sich von selbst, dasz die letzteren den Gesetzen desjenigen Landes gemäsz erfolgen ùüssen, in welchen sie stattfinden. Die im Art. 40. zu diesem Zweck getroffene Verabredung beseitigt zugleich die Unzuträglichkeiten, die durch den Mangel einer solchen gegenseitigen Rechtshülfe in der Praxis hervorgetreten sind. Es soll hier nur beispielweise eine derselben Erwähnung finden.Nach Art. 13. des Gesetzes vom 11. Mai 1855, die Abänderung einiger Vorschriften über das gerichtliche Verfahren in dem Bezirk des Appelations-Gerichtshofes zu Köln betreffend (Gesetz-Sammlung für 1855, S. 548. ff.), gelten die Bestimmungen der Art. 10. bis 12. dieses Gesetzes, nach Denen in Polizei- oder Zuchtpolizei-Sachen ein Beschuldigter, welcher im Auslande wohen oder nicht, durch Aushang der Vorladung am Haupteingang des Sitzungssaales des erkennenden Gerichts und durch Insertion derselben in den öffentlichen Anzeiger des Amtblattes citirt werden kann, auch für die Rheinschiffahrts-Gerichte. Zwar ist nach Art. 14.a.a.O. die Zulässigkeit der Vorladungen oder Zustellungen an den Beschuldigten in Person oder an seinem Wohnsitze oder Aufenthaltsorte nicht ausgeschlossen, und es ist die Vorladung solcher Personen, welche im Auslande wohnen oder sich aufhalten, auch dann gültig, wenn sie durch die zuständige auswärtige Behörde bewirkt wird. Es hat indessen Seitens der Rheinschiffahrts-Gerichte von der ihnen durch Art. 14. gewährten Licenz kein Gebrauch gemacht werden könne, wenn der Beschuldigte seinen Wohnsitz oder Aufenthaltsort in einem Rheinuferstaate hatte, mit welchem ein Justiz-Vertrag nicht besteht und es ist deshalb nicht selten der Fall vorgekommen, dasz bei Anwendung der Vorschrift des Art. 10. der Angeklagte von der Vorladung keine Kenntnisz erhalten hatte und demnächst in contumaciam verurtheilt worden ist. Dasz hierin eine Härte liegt, ist nicht zu verkennen; sie läszt sich indesz nur vermeiden, wenn sämmtliche betheiligten Regierungen, wie dies jetzt geschehen ist, sich gegenseitig die Zustellung der von den Rheinschiffahrts-Gerichten ausgehenden Vorladungen nach Maszgabe der in ihren resp. Gebieten geltenden Gesetze zusichern.
Als eine Folge des Systems der unbeschränkten Rechtshülfe ist den Wegfall der Prozesz-Kautionen, welche Ausländer als solche zu stellen haben, anzusehen (Art. 36.).
e) Da die Stelle des Ober-Aufsehers der Rheinschiffahrt eingesehen soll, so hat im Art. 37., der sich im Uebrgen an den Art. 88. der Akte vn 1831 anlehnt, vorgeschrieben werden müssen, dasz im Falle der Einlegung der Berufung an die Central-Kommission die Akten dieser unmittelbar von dem betreffenden Rheinschiffahrts-Gerichte einzureichen seien.
f) Eine besondere Vereidigung der Richter auf die Akte, wie sie im Art. 83. derselben vorge-schrieben ist, kann unterbleiben. Der zwischen den beteilighten Regierungen abgeschlossene Vertrag musz in allen Uferstaaten publizirt werden, und ist dann, wie jeder andere Staats-Vertrag für die Gerichtshöfe bindende Norm.
Die sonnstigen in den Art. 33. bis 40. enthaltenen Abweichungen von den Art. 81. und ff. Der Akte sind unwesentlich und bedürfen keiner näheren Erläuterung.
            23. Von den Organen, Denen die Ufer-Regierungen im Art. 89. der Akte von 1831 die Volziehung ihrer Vereinbarungen übertragen haben, sind in vorliegenden Vertrage nur die vier Aufseher und die Central-Kommission beibehalten worden. Die Funktionen der Rheinzollbeambten (Artt. 89. Nr. 4.) haben in Folge der Einstellung der Abgaben-Erhebung aufgehört. Die Stelle des Ober-Aufsehers der Rheinschiffahrt ist unter den gegenwärtigen Verhältnissen eine volkommen entbehrliche. Seine Amtswirksamkeit, der schon durch die Akte von 1831 enge Grenzen gezogen war, hat, je ernstlicher es sich die Ufer-Regierungen haben angelegen sein lassen, begründete Beschwerden der Schiffer aus dem Wege zu räumen, im Laufe der Zeit um so mehr an Bedeutung verloren. Die Aufgabe, die den Uferstaaten jetzt noch zu lösen übrig bleibt, beschränkt sich fast ausschlieszlich auf die Korrektion des Stromes. Abgesehen davon, dasz es einer Anregung zur Erfüllung der in dieser Beziehung übernommenen Verbindlichkeiten künftighin überhaupt kaum noch bedürfen möchte, genügen als Organe für die gemeinsam auszuübende Kontrole die Central-Kommission und die Aufseher. Der Fall ist überhaupt nicht vorgekommen, dasz sich eine Regierung durch Einschreiten des Oberaufsehers hat bestimmen lassen, örtliche Schiffahrts-Hindernisse aus dem Wege zu räumen; wo hin und wieder Säumigkeit im Spiele war, hat nur die Daszwischenkunft der Central-Kommission Abhülfe zu schaffen vermocht. Es ist Tatsäche, dasz dieser Beambte schon bisher fast ohne alle Beschäftigung war, sie wird mit dem Wegfall der Rheinschiffahrts-Abgaben voraussichtlich ganz aufhören. Ein Nachtheil für die Schif-fahrt ist von der Aufhebung der Stelle nicht zu besorgen; den Uferstaaten aber wird ein Aufwand erspart werden, der als ein nothwendiger oder auch nur nützlicher sich gegenwärtig nicht mehr beziechnen läszt. Uebrigens ist der bisherige Inhaber der Stelle bereits seit dem 1. April d. J. pensionirt.
            24. Die Art. 41. und 42. welche von den Aufsehern handeln, schlieszen sich an die Art. 101. und 102. der Akte von 1831 an. Nur die Bestimmung, dasz die Disziplinargesetze desjenigen Uferstaates, in welchem der Aufseher seinen Wohnsitz hat, auf ihn Anwendung finden, ist neu; sie wird zu Ausstellungen keine Veranlassung darbieten. Auch die Beschäftigung der Aufseher hat sich im Laufe der Zeit wesentlich vermindert. Es liegt deshalb in der Absicht, eine dieser Stellen einzuziehen und die Bezirke künftig so abzugrenzen, dasz der erst von Basel bis Mainz, der zweite von Mainz bis zur Niederländischen Grenze und der dritte von dort sich auf den übrigen Theil des Stromes im Niederländischen Gebiet erstreckt.
Eine hierauf bezügliche Vereinbarung unter der betheiligten Ufer-Regierungen ist im Art. 41. vorbehalten.
            25. Die Bestimmungen in Betreff der Central-Kommission und deren Wirksamkeit (Art. 43. bis 47.) enthalten folgende Abweichungen von den Festsetzungen der Akte von 1831 und des Supllementar-Artikels XIV:
a) Nach Art. 91. derAkte von 1831 bildet die Vereinigung der Abgeordneten der Uferstaaten die Central-Kommission. Um der lettern den Charakter einer städigen Behörde, den sie schon seit längerer Zeit auf Grund späterer Beschlüsse der Bevollmachtigten, auch wenn sie nich vereinigt sind, Beschlüsse fassen können (vergl. die Festsetzungen im Schlussprotokoll unter Nr. 9. A. und B.).
b) Die Abhaltung einer auszerordentlichen Sitzung soll schon auf Antrag einer Ufer-Regierung stattfinden, eine Bestimmung, die mit der Praxis, wie sie sich in den letten Jahrzenten gebildet hat, im Einklang steht.
c) Im Entwurf ist das Alinea 2. des Artikels 91. der Akte von 1831, betreffend die Bestellung eines Sekretairs der Central-Kommission weggeblieben. Rücksichten der Billigkeit bedingen es, dasz nicht ein einzelnes Mitglied ausschlieszlich mit den schriftlichen Arbeiten der Kommission belastet, diese vielmehr, was übrigens schon bisher meist geschehen ist, nach Bestimmung des Vorsitzenden unter sämmtliche Mitglieder vertheilt werden.
d) Da es zur Führung einer gemeinschaftlichen Kasse (Artikel 96. der Akte von 1831) bei Aufhebung der Stelle des Ober-Aufsehers an einem geeigneten Organe fehlt, so soll in Zukunft die Vereinnahmung der Zuschüsse zu den Pensionen und die Auszahlung der letztern durch die Preuszische Regierung, die Vereinnahmung und Verrechnung der Kanzleikosten der Central-Kommission durch die Badische Regierung erfolgen. Diese hat auch die Sorge für die Beaufsichtigung des Archivs übernommen, dessen Aufbewahrung nach Artikel 92. der Akte von 1831 bisher dem Ober-Inspektor oblag (vergl. Schluszprotokoll unter No. 9 C.).